Berlin: Um den Widerstand von CDU-Ländern zu überwinden, will Verkehrsminister Alexander Dobrindt die „Ausländer-Maut“ nur noch auf Autobahnen erheben. Damit sind die durch die Einführung der Maut erwarteten Einnahmen deutlich geringer als zunächst angekündigt. „Die faktischen Bürokratiekosten liegen weit höher als veranschlagt, was den Maut-Vorschlag in dieser Form ad absurdum führt“, sagte der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Inländische Autofahrer müssten nach dem Vorschlag Dobrindts künftig in jedem Fall zahlen, auch wenn sie keine Autobahnen nutzen. Sie sollen jedoch über die Kfz-Steuer verwaltungs­auf­wändig in der Höhe ihrer Maut-Kosten entlastet werden. Dies steht nach Einschät­zung des BUND trotz gegenteiliger Beteuerungen Dobrindts möglicherweise im Widerspruch zum Europarecht.
„Dobrindts Korrekturen machen ein solch vermurkstes Projekt nicht besser, sondern noch chaotischer“, sagte Weiger. „Auch der neue Gesetzentwurf ist finanziell unergiebig und umweltschädlich, weil sich die Mautsätze zu sehr am Fahrzeughubraum orientieren und neue Emissionsstandards wie Euro 6 zur wenig berücksichtigt werden“, kritisierte der BUND-Vorsitzende. Um den dramatischen Verfall der Verkehrsinfrastruktur zu stoppen und das finanzielle Nachhaltigkeitsprinzip auch mit Blick auf die Schuldenbremse für die deutschen Bundesländer einzuhalten, sei eine Nutzerfinanzierung bei den Pkw unumgänglich. „Dieses Gesetz ist aber ein Nutzerfinanzierungs-Verhinderungsgesetz. Es liefert keinen Beitrag zur Problemlösung, sondern bedient unseriöse bayerische Wahlkampfversprechen“, sagte Weiger. Der BUND-Vorsitzende appellierte an das gesamte Kabinett, die Länder und die Opposition, das Gesetzesvorhaben zu stoppen, bevor dies durch den Europäischen Gerichtshof geschehe. Die Opposition im Bundestag dürfe sich nicht allein auf die Ablehnung der Mautpläne Dobrindts konzentrieren, sondern müsse eigene Mautkonzepte entwickeln.
Der BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg kritisierte, dass Minister Dobrindt bisher bei der Reform der Verkehrsfinanzierung versagt habe. An bundesweiten Netzkonzepten im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung werde nicht gearbeitet. Unklar sei noch immer, wie es mit der Finanzierung des Nahverkehrs auf der Schiene und in den Städten nach 2019 weitergehe. 7,2 Milliarden Euro jährlich müssten für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur aufgebracht werden. „Statt ein stringentes Reformkonzept nach dem Leitsatz ‚Verkehr finanziert Verkehr‘ zu entwickeln, hat Dobrindt inkompatible Mautkonzepte bei Lkw und Pkw erarbeitet, deren Einnahmen nicht für den Erhalt zweckgebunden sind. Es geht um Mehreinnahmen für Straßenneubau, statt um Erhalt“, sagte Hilgenberg.
Der BUND fordert, an die Ergebnisse der Daehre- sowie der Bodewig-Kommission anzuknüpfen und mit breiter öffentlicher Beteiligung – auch der Länder und Kommunen – Konzepte für eine entfernungs-, emissions- und belastungsabhängige Pkw-Maut zu diskutieren. Eine solche Maut werde dringend benötigt, um das Erhaltungsproblem bei den Straßen, Schienen und Wasserstraßen zu lösen, die vorhandene Infrastruktur optimal auszulasten und den Treibhausgas-Ausstoß beim Pkw-Verkehr zu reduzieren. „Die Kommunen haben noch größere Erhaltungsprobleme als der Bund“, erinnerte Hilgenberg. Die notwendigen ersten Schritte seien daher die Absenkung der Mautpflichtgrenze auf 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ab 2018 sowie mittelfristig eine Ausweitung auf das gesamte Straßennetz.

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  • Pkw- und Lkw-Maut
  • Pressekontakt: Jens Hilgenberg, BUND-Verkehrsexperte, Tel. (0 30) 2 75 86-4 67, jens.hilgenberg@bund.net, Annika Natus, BUND-Pressereferentin, Tel. (0 30) 2 75 86-4 64, presse@bund.net

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