In den letzten fünf Jahren waren wir fast 500 Mal mit unserem GrunzMobil im Einsatz, um damit Menschen über die Massentierhaltung und die pflanzliche Ernährung zu informieren. Unsere Kommunikationsstrategie konnten wir dank unserer Erfahrungen stetig verfeinern und somit Jahr für Jahr mehr Menschen erreichen.

In den letzten Monaten haben wir ein neues Aktionskonzept mit sogenannten Moving Boards ausprobiert. Dabei handelt es sich um Rucksäcke mit Rückenschildern und aufmontierten Flaggen (»Beachflags«). Mit dieser Ausstattung und unseren einheitlichen Kuhkostümen sind wir schon aus weiter Entfernung zu erkennen. Ein Vorteil ist außerdem, dass wir mit den Moving Boards (die wir auch gern »Muuuhving Boards« nennen) offensiv, flexibel und dynamisch in den Fußgängerzonen unterwegs sind. Wir müssen nicht wie am Infostand auf Menschen warten, sondern können uns aktiv auf die Menschen zubewegen und sie ansprechen.

Im Rahmen unserer ersten Workshop-Tour haben wir in den vergangenen Wochen unsere Erfahrungswerte mit den Moving Boards weitergegeben und die neue Aktionsform mit unseren lokalen Aktionsgruppen erprobt. Dabei konnten wir insgesamt knapp 2.000 Menschen für die Vegan Taste Week gewinnen. Was unsere Aktiven dabei erlebt haben und wie sie ihre Aktionen gestalten, haben sie im folgenden Bericht festgehalten.

Tag 1: Bremen

Um 14 Uhr treffen wir uns mit einer Reihe ehrenamtlicher HelferInnen. Bevor wir gemeinsam in Kuhkostümen mit unseren Moving Boards losziehen, gibt es ein kurzes Briefing:

»Fast alle Menschen finden die Massentierhaltung schlimm. Dennoch finanzieren fast alle von ihnen sie mit, indem sie tierliche Produkte konsumieren. Wir wollen diesen Menschen zeigen, dass sie auf ihren eigenen Tellern direkt und effektiv gegen Massentierhaltung protestieren können: Indem sie sich von uns dazu inspirieren lassen, pflanzliche Rezepte auszuprobieren.«

Schon setzt sich unsere kleine Herde in Bewegung. »Toll, was ihr macht!«, freuen sich viele Menschen, denen wir begegnen. »Ganz viel Erfolg noch!«

Mit unseren Kostümen und den Moving Boards wollen wir uns optisch vom Strom der FußgängerInnen abheben und so Aufmerksamkeit erzeugen. Unsere Beachflags sind sogar schon aus 100 Metern Entfernung zu erkennen. Häufig bekommen wir die Rückmeldung, dass man erst durch die Flaggen auf uns aufmerksam und neugierig geworden ist.

Tagesergebnis: 230 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 2: Osnabrück

In Osnabrück erklärt uns jemand: »Ich finde euer Engagement toll, aber ihr werdet die Gesellschaft nicht ändern können!« Wir finden, dass Proteste durchaus zu einem gesellschaftlichen Wandel führen können und ziehen als Beispiel die 68er-Bewegung heran. »Vor Beginn der Proteste durften Frauen nur dann eine Arbeit aufnehmen, wenn der Mann es erlaubt hat – das ist jetzt undenkbar. Wir stehen heute auf der Straße, um zu erreichen, dass Tiere von der Gesellschaft als fühlende Lebewesen und nicht länger als Produktionseinheiten angesehen werden.«

Tagesergebnis: 200 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 3: Münster

In Münster bieten wir am Vormittag zunächst einen Theorieworkshop für unsere Aktiven an. Wir erklären, dass wir durch unsere Vegan Taste Week die Möglichkeit haben, die Menschen auch über unser Gespräch hinaus kontinuierlich und nachhaltig über die pflanzliche Ernährung zu informieren. Dabei kommunizieren wir immer wertschätzend und auf Augenhöhe.

Unser Aktivist Nico unterhält sich heute mit einem jungen Landwirt aus der Massentierhaltung. Dessen Freundin entfernt sich gleich zu Beginn des Gesprächs – offenbar befürchtet sie eine Eskalation. Die Unterhaltung verläuft dann aber ganz sachlich und wohlwollend. Nico erklärt: »Natürlich ist die heutige Situation auch unbefriedigend für die Bäuerinnen und Bauern. Sie müssen enorm viel arbeiten, während die Gewinnmargen sinken. Wir wollen den Beschäftigten in der Landwirtschaft nichts Böses – im Gegenteil, denn wir brauchen ja nährstoffreiche und gesunde pflanzliche Lebensmittel!«

Am Abend berichtet uns eine Unterstützerin: »Ich bin heute richtig über meinen Schatten gesprungen, habe viele Menschen angesprochen und ganz tolle Unterhaltungen geführt! Nach kurzer Zeit lief es super und es war ein tolles Gefühl, so viel für die Tiere bewirken zu können.« Ein weiterer Aktiver ist richtig begeistert, wie effizient unsere neue Aktionsform ist: »Ich habe heute viermal so viele Menschen für die Vegan Taste Week gewinnen können wie früher ohne die Moving Boards.«

Tagesergebnis: 350 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 4: Dortmund

Erneut bieten wir einen Theorieworkshop an und betonen, wie wichtig es ist, dass wir unsere Energie effektiv einsetzen: »Anstatt eine Stunde lang mit jemandem zu diskutieren, der ohnehin nicht motiviert ist, seine Ernährungsweise zu verändern, sprechen wir lieber in der gleichen Zeit mit zehn Personen, die bereits neugierig auf pflanzliche Rezepte sind.«

Wir haben heute auf der Straße eine perfekte Kombination: Viele ehrenamtliche HelferInnen vor Ort und eine gut besuchte Fußgängerzone. Daraus ergeben sich zahlreiche spannende Gespräche. Ein Junge interessiert sich sehr für unsere Vegan Taste Week, aber seine Freundin beginnt im Gespräch zu lachen: »Du gehst doch dauernd zu McDonalds!«, verkündet sie. Wir entgegnen: »Gerade dann ist es doch toll, dass er sich für pflanzliche Alternativen interessiert!«

Die für uns zuständigen Polizisten finden unsere Aktion richtig beeindruckend: »Ihr bringt hier einen Stein ins Rollen und das ist ganz wichtig. Es ist wirklich toll, wie engagiert ihr seid!«

Unser Teamgeist ist heute so ansteckend, dass eine junge Passantin sich uns kurzerhand anschließt. Sie schlüpft in ein Kuhkostüm, verinnerlicht sofort unser Konzept und schafft es, in drei Stunden viele Menschen für die Teilnahme an der Vegan Taste Week zu begeistern.

Tagesergebnis: 300 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 5: Essen

In Essen bitten ein Polizist und ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes zum Abschluss unserer Aktion noch einmal darum, unsere Versammlungsbestätigung ansehen zu dürfen, die wir ihnen natürlich gerne zeigen. Nachdem wir ihnen unser Konzept erläutert haben, lacht der Polizist: »Ich lebe auch vegan. Nur meine Schuhe sind noch aus Leder, weil die Polizei noch keine veganen Schuhe stellt!«

Tagesergebnis: 80 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 6: Bocholt

Bocholt ist die kleinste Stadt auf unserer Tour. Wir sind unsicher, ob wir viele Menschen erreichen können. Es stellt sich jedoch heraus, dass wir aufgrund der geringen Passantendichte häufig intensivere und dadurch auch persönlichere Gespräche führen können. Weil wir aber auch wissen, dass uns in den kommenden drei Tagen mit Bonn, Köln und Düsseldorf noch drei richtig große Städte erwarten, beenden wir die Aktion schon etwas früher und sparen uns die Kräfte auf.

Tagesergebnis: 80 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 7: Bonn

Wir führen uns heute noch einmal kurz unser Kommunikationskonzept vor Augen: Wenn wir die Menschen angesprochen haben und sie stehenbleiben, erklären wir ihnen in etwa 30 Sekunden, wie sie zur Abschaffung der Massentierhaltung beitragen können. Im Anschluss können wir dann auch auf ihre individuellen Detailfragen oder Bedenken eingehen.

Ein Koch bestätigt uns, dass das Interesse an vegetarischen und veganen Gerichten inzwischen stark zugenommen hat. Auch eine Bäckerei-Verkäuferin berichtet, dass sich die neu ins Sortiment aufgenommenen veganen Produkte zu einem wahren Verkaufsrenner entwickelt haben.

In einer Feedbackrunde äußert sich heute eine Unterstützerin: »Mir hat euer Tipp total geholfen, die Broschüren erstmal unter dem Klemmbrett zu halten und sie erst am Ende des Gesprächs auszuhändigen. Wenn man den Menschen als erstes eine Broschüre in die Hand drückt, wollen sie die häufig erst einmal lesen, sodass kein gutes Gespräch und eventuell auch keine Eintragung zustande kommt.«

Tagesergebnis: 200 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 8: Köln

Moving Boards in DüsseldorfDie Schildergasse in Köln gehört zu Deutschlands meistfrequentierten Einkaufsmeilen. Solche beliebten Gegenden sind ein entscheidender Faktor bei der Auswahl unserer Einsatzorte.

Heute haben wir tolle Unterstützung von einer Mutter, die ihre beiden Kinder mitgebracht hat. Die kleine Tochter sieht in ihrem Mini-Kuhkostüm einfach nur niedlich aus, nimmt sofort einen Stapel unserer Broschüren in die Hand und spricht die Menschen an: »Wollen Sie Tieren helfen? Einen schönen Tag noch!« Ihr älterer Bruder schafft es heute und am Folgetag, insgesamt 1.000 unserer Selbst-Wenn-Broschüren zu verteilen.

Tagesergebnis: 550 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Tag 9: Düsseldorf

In Düsseldorf begleitet uns wieder unsere kleine Superaktivistin, die heute sogar ihren sechsten Geburtstag feiert. Wir treffen eine Profi-Fußballerin aus der 1. Bundesliga; sie war am Tag zuvor bei einem Vortrag, in dem es darum ging, dass viele SpitzensportlerInnen wie etwa Dirk Nowitzki und Lionel Messi sich zunehmend pflanzlich ernähren.

Tagesergebnis: 350 Anmeldungen für die Vegan Taste Week

Resümee

Innerhalb von neun Einsatztagen konnten wir dank der großartigen Unterstützung unserer ehrenamtlichen HelferInnen knapp 2.000 Menschen für unsere Vegan Taste Week gewinnen. Durch die Kombination aus Theorie- und Praxisworkshops konnten wir außerdem unsere Erfahrungswerte in Bezug auf Strategie und Kommunikationskonzept der Moving-Board-Einsätze an unsere Aktionsgruppen weitergeben. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten und freuen uns auf viele weitere Einsätze mit unseren Moving Boards!

Haben auch Sie Interesse daran, unsere Botschaft mit den Moving Boards auf die Straße zu tragen? Dann nehmen Sie doch einfach Kontakt zu einer unserer Aktionsgruppen auf. Sollte es in ihrer Stadt noch keine AG geben, melden Sie sich gern direkt bei uns. Wir freuen uns auf Sie!

Der Artikel Workshop-Tour: Einsätze mit Moving Boards wurde von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt veröffentlicht.

http://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell