Veganuary

Ria Rehberg
© Timo Stammberger

Mit einer einmonatigen E-Mail-Serie und erfolgreichen Unternehmenskooperationen hat »Veganuary« seit 2014 über 500.000 Menschen dazu inspiriert, im Januar die vegane Ernährung auszuprobieren. Allein im vergangenen Jahr nahmen in Großbritannien 500 Unternehmen an der Kampagne teil und erweiterten in diesem Zuge ihr veganes Angebot. Wir haben zum Deutschlandstart von »Veganuary« mit Geschäftsführerin Ria Rehberg gesprochen.

1. Frau Rehberg, was genau ist »Veganuary«?

Veganuary ist eine gemeinnützige Organisation und Kampagne, die weltweit Menschen dazu ermutigt, sich im Januar als Neujahrsvorsatz rein pflanzlich zu ernähren. Mit unserer Hilfe sind seit 2014 bereits mehr als 500.000 Menschen vegan in das neue Jahr gestartet.

In diesem Winter launchen wir die Kampagne mit der Unterstützung verschiedener Partnerorganisationen wie der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt erstmals auch in Deutschland, um dann im Januar 2020 in den Veganuary zu starten. Der Start in Deutschland wird durch einen TV-Spot und prominente BotschafterInnen unterstützt. Im Januar veröffentlichen wir dann unsere deutschsprachige Webseite und unsere E-Mail-Serie, mit der wir unsere Teilnehmenden bei der Ernährungsumstellung unterstützen. Das Ziel der Kampagne ist es, in diesem Jahr weltweit nicht weniger als 350.000 Menschen zu inspirieren, die vegane Lebensweise auszuprobieren.

2. In Großbritannien gibt es Veganuary bereits seit fünf Jahren. Wie erfolgreich ist das Programm dort? Können Sie Beispiele erfolgreicher Kooperationen nennen?

Veganuary hat sich seit 2014 in Großbritannien bestens etabliert. Laut Marktforschungsunternehmen nehmen acht- bis zehnmal mehr Menschen an Veganuary teil als sich über unsere Webseite registrieren. Das große Interesse an rein pflanzlichen Produkten im Januar bietet für Unternehmen dann viele Möglichkeiten für Marketingmaßnahmen und Produktneueinführungen auf den veganen Markt.

Allein im vergangenen Jahr haben mehr als 500 Unternehmen an Veganuary teilgenommen. Fast alle haben dadurch positive Auswirkungen im Geschäftsbetrieb festgestellt. So begeisterte zum Beispiel Pizza Hut in Großbritannien mit Jackfruit als pflanzlicher Hackfleisch-Alternative auf einer explizit im Rahmen des Veganuary eingeführten Pizza. Die größte Bäckereikette in Großbritannien, Gregg’s, hat den Klassiker »sausage roll«, also eine Wurst im Teigmantel, als vegane Option im Januar auf den Markt gebracht und erzielte infolgedessen ein Wachstum des Gesamtumsatzes von 8 %. Ein komplett veganes Hotelzimmer der Hotelkette Hilton war ein echter PR-Stunt, der für einige Aufmerksamkeit gesorgt hat. Insgesamt wurden im letzten Jahr allein in Großbritannien im Veganuary-Zeitraum 200 neue rein pflanzliche Produkte und vegane Menüoptionen auf den Markt gebracht.

3. Welche Möglichkeiten gibt es für Unternehmen, bei Veganuary mitzumachen? Welches Potenzial bietet Veganuary für Unternehmen?

Veganuary bietet im Januar eine einzigartige Möglichkeit zur Einführung und Etablierung neuer Produkte, genauso wie die Förderung bereits verfügbarer Produkte. Unsere Zielgruppe, also all jene, die im Januar eine vegane Ernährungsweise ausprobieren wollen, ist auf der Suche nach schmackhaften, rein pflanzlichen Optionen. Wir wünschen uns, dass Unternehmen ein hochwertiges und abwechslungsreiches veganes Angebot für die immer größer werdende Zielgruppe bereitstellen. Die Einführung neuer Produkte, neue Optionen auf der Speisekarte, Sonderangebote, Aktionen und die Kommunikation rund ums Thema »vegan« sind allesamt Maßnahmen, die Aufmerksamkeit für das rein pflanzliche Angebot von Einzelhandel, Restaurants und Marken erzeugen können.

4. Worin unterscheiden sich Ihrer Erfahrung nach die Märkte in Großbritannien und Deutschland? Wo liegen gegebenenfalls die Gemeinsamkeiten?

Im Hinblick auf die eigene Gesundheit, die aktuelle klimapolitische Lage und das Wohlergehen unserer Mitgeschöpfe setzen sich immer mehr Menschen mit ihrem persönlichen Fußabdruck und ihren Essgewohnheiten auseinander. Daraus resultierende Handlungsimpulse zeigen sich ja auch in den immer größer werdenden Anteilen an vegan, vegetarisch und insbesondere auch flexitarisch lebenden Menschen in der Bevölkerung.

Hierbei sprechen wir in den Industrienationen und vor dem Hintergrund unserer digitalen Vernetzung natürlich von einem rasant wachsenden, globalen Trend, der sich in Großbritannien und Deutschland sehr zu ähneln scheint.

Viele deutsche Großunternehmen und Marken erfreuen sich internationaler Bekanntheit und Beliebtheit. Gerade an diesen Stellen gibt es auch im Bereich veganer Produkte viel Potenzial, diesen »jüngeren« Markt zu erschließen, hierzulande wie auch über den deutschen Markt hinaus.

In Großbritannien ist der Veganuary längst ein fester Termin im Marketingkalender vieler Unternehmen. Veganismus ist natürlich bereits ein großes Thema in Deutschland und wird von wichtigen Organisationen und Unternehmen immer weiter in den Mittelpunkt gerückt. Durch unseren Kampagnenstart mit Veganuary in Deutschland möchten wir zusätzlich zu bereits bestehenden Maßnahmen einen wiederkehrenden Zeitraum schaffen, in dem wir zahlreiche Menschen zu einem veganen Start in das neue Jahr inspirieren können – als leichter und positiver Neujahrsvorsatz.

5. Gibt es Pläne, Veganuary in weitere Länder zu bringen?

An der Kampagne haben bereits Menschen aus 190 Ländern teilgenommen, obwohl der Schwerpunkt bisher auf dem britischen Markt lag. Dank Partnerorganisationen in zehn weiteren Ländern ist Veganuary jedoch auch in anderen Sprachen und Ländern erreichbar.

Dieses Jahr starten wir Veganuary offiziell in Deutschland, den USA, im lateinamerikanischen Raum und Südafrika. Wir freuen uns sehr auf diesen weiteren Schritt in der Internationalisierung unserer Kampagne und werden immer weiter daran arbeiten, noch mehr Menschen weltweit zu erreichen.

6. Gibt es Ihrer Erfahrung nach Dinge, die Unternehmen bei dem Thema »vegan« derzeit noch falsch angehen?

Natürlich möchten wir, dass Unternehmen eine wichtige Rolle dabei spielen, Menschen den Einstieg in eine rein pflanzliche Lebensweise so einfach wie möglich gestalten. Eine klare Auszeichnung ist dafür hilfreich, da das Lesen langer Zutatenlisten abschreckend wirken kann. Klare Kennzeichnungen ersparen diesen Schritt.

Darüber hinaus empfehlen wir für Produkt- und Menüeinführungen im Januar, den Fokus auf rein pflanzliche Variationen der beliebtesten Produkte zu setzen. Veganuary-Teilnehmende, die zu einer großen Pizzakette gehen, möchten dort am liebsten ihre Lieblingspizza essen – nur eben in der veganen Variante. Statt der Gemüsepizza empfiehlt sich also die Einführung einer veganen Salami- oder Schinken-Pizza oder einer Pizza Margherita mit pflanzlichem Käse. Von einem Burger-Restaurant erwartet und erhofft man sich eher einen veganen Burger als eine Salat-Bowl. Und im Einzelhandel möchten Teilnehmende gerne auch weiterhin mal zur Tiefkühllasagne greifen können – aber sie sollte aus pflanzlichen Zutaten bestehen. Produkte, die ohnehin schon beliebt sind und dann in einer veganen Alternative verfügbar werden, erhalten gleichermaßen die Marke des Unternehmens und können die Kundschaft um eine begeisterte vegane oder flexitarische Zielgruppe erweitern. Unsere Erfahrung zeigt, dass die »Veganisierung von Bestsellern« außerdem in der Regel eine positive Medienberichterstattung nach sich zieht.

7. Wie finanziert sich Veganuary?

Veganuary ist ein in Großbritannien eingetragener Verein, der sich zum größten Teil aus Spendengeldern finanziert.

Herzlichen Dank für das Interview!

Möchten Sie im Januar die vegane Ernährung ausprobieren? Dann melden Sie sich hier für den Veganuary an!

Der Artikel Interview: Veganuary kommt nach Deutschland wurde von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt veröffentlicht.

http://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell