Primat im Labor
Symbolbild

Update vom 29. November 2022

Bremer Affenversuche widerwillig verlängert

Da die Genehmigung für Hirnversuche an der Bremer Universität Ende November ausläuft, verlängerte der Senat die Versuche nun für ein weiteres Jahr – einem Bericht zufolge jedoch widerwillig, denn ein Gerichtsbeschluss aus diesem Frühjahr ließ wohl keine andere Wahl. [7] Ein Hoffnungsschimmer ist, dass sich die Lage ab nächstem Jahr ändern könnte: Ab dann gilt bei einem Genehmigungsantrag die neue Rechtslage im Tierschutzrecht, nach der die Genehmigungsbehörde Anträge nach eigenem wissenschaftlichen Sachverstand prüfen darf. Bisher war dies nicht möglich – sie durfte nur prüfen, ob der Antrag „plausibel“ ist, also die formellen Anforderungen stimmen.

Originaltext vom 14. November 2022

In Deutschland werden Affen sowohl in sogenannten Giftigkeitstests missbraucht als auch in der neurobiologischen Forschung, um Vorgänge in ihren Gehirnen zu untersuchen. Dafür sind die Tiere ihr Leben lang unvorstellbarem Leid ausgesetzt: Elektroden werden in ihr Hirn transplantiert, sie werden in Primatenstühlen fixiert, ihr Kopf wird oftmals mit einer implantierten Halterung festgeschraubt. Häufig werden sie durch Flüssigkeitsentzug zur „Mitarbeit“ gezwungen. Jetzt sind im Fall des Tübinger Max-Planck-Instituts, der 2014 für einen Skandal sorgte, neue grausame Beweise aufgetaucht.

Gif Wissenschaft statt Tierversuche

Hirnforschung an Affen in Deutschland

In Deutschland werden solche Experimente an verschiedenen Standorten durchgeführt: an der Universität Bremen, an verschiedenen Forschungseinrichtungen in Tübingen, am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen und an Instituten in Marburg, Magdeburg und Frankfurt am Main.

Nachdem Undercover-Aufnahmen im Jahr 2014 schreckliche Zustände im Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen an die Öffentlichkeit brachten, kam es zu massiven Protesten. Die Aufnahmen zeigten unter anderem die Affendame Stella, die sich immer wieder übergeben musste und versuchte, das in ihrem Schädel fixierte Implantat aus der blutenden Wunde zu entfernen. Auch das gewaltsame Fixieren der Affen in den Primatenstuhl war zu sehen. [1] 2017 wurden die Affenversuche an diesem Institut eingestellt. [2]

Affen aus Tierversuchslabor
Symbolbild. Auch in Deutschland werden Tierversuche an Affen durchgeführt.

Obduktionsbericht von Affen zeigen durchlöcherte Schädel

Nun sind neue Beweise im Zusammenhang mit den umstrittenen Tierversuchen in Tübingen ans Licht gekommen. Sie zeigen, dass die zuständigen Behörden vermutlich über das massive Leid der Affen für die Hirnforschung informiert waren, jedoch untätig blieben. Bereits 2009 wurden sechs tote Affen von einer unabhängigen Einrichtung obduziert und dabei zahlreiche große Bohrlöcher und sogar eine Fraktur im Schädel eines der Affen untersucht. Drei Affen wurden ohne Kopf zur Untersuchung abgeliefert, sodass etwaige Verletzungen nicht mehr nachvollziehbar waren. Der Obduktionsbericht, der die massiven Verletzungen an den Köpfen der Affen dokumentiert, wurde erst jetzt öffentlich gemacht, doch das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), das Veterinäramt Tübingen und das Regierungspräsidium Tübingen hatten wohl schon damals umfassende Kenntnis von den heftigen Verletzungen. [3]

Laut der Veterinärpathologin, die damals die Obduktionen durchführte, wiesen die Schädelmanipulationen auf wesentlich stärkeres Leid bei den Tieren hin als von der zuständigen Behörde genehmigt. An jedem Bohrloch hatte sich eine schmerzhafte Hirnhautentzündung gebildet. Durch die schweren Entzündungen am Gehirn, die durchtrennten Nervenbahnen und das Narbengewebe werden Denk- und Sinnesprozesse beeinträchtigt. Laut der Pathologin werde somit an kranken entzündeten Gehirnen geforscht, was für ein normales gesundes Gehirn nicht aussagekräftig sei. [3] Tierversuche sind ethisch nicht vertretbar – und in dieser Form auch medizinisch vollkommen sinnlos.

Grafik. Gegen Tierversuche an Affen

Unstimmigkeiten bei behördlichem und gerichtlichem Vorgehen

Es gibt noch viele Unstimmigkeiten im Fall der Hirnexperimente an Affen in Tübingen. Obwohl die Experimente, auch im Auftrag des MLR, als schwer einzustufen waren, genehmigte das Regierungspräsidium 2019 einen vergleichbaren Versuch mit der Bewertung „mittelgradig belastend“. Zudem werden tote Affen aus solchen Versuchen eigentlich zur Obduktion an das Deutsche Primatenzentrum gegeben – obwohl diese Tierversuche dort selbst durchgeführt werden und damit keine unabhängige Untersuchung möglich ist. Auch die Einstellung von zwei Strafverfahren im Zusammenhang mit den Experimenten in Tübingen wirft Fragen auf. Wir von PETA Deutschland fordern eine restlose Aufklärung der Unstimmigkeiten sowie ein Ende dieser grausamen Tierversuche. [3]  

Die ZDF-Sendung „Frontal“ berichtete am 25. Oktober 2022 über die Experimente, die neuen grausamen Beweise und die Unstimmigkeiten.

Hirnforschung an Affen in Bremen

Auch an der Universität Bremen werden noch immer Affen für Hirnexperimente missbraucht. Weil der Bremer Senat als zuständige Behörde 2021 keine Entscheidung über die weitere Genehmigung der Versuche traf, entschied das Verwaltungsgericht Bremen im Februar 2022, dass der Neurobiologe Andreas Kreiter weiterhin seine seit 1998 laufenden Affenversuche durchführen darf. Die derzeitige Genehmigung gilt noch bis zum 30. November 2022. [4] Bereits 2021 haben wir von PETA uns mit einem Schreiben an die zuständige Senatorin Claudia Bernhard gewandt und an sie appelliert, die Versuche keinesfalls erneut zu genehmigen.

tierversuche
Symbolbild. Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren.

Was wird Affen in den Versuchen angetan?

Bei den Hirnversuchen werden Kopfgestelle mithilfe von Bolzen am Schädel der Affen befestigt, sodass Experimentierende die sensiblen Tiere in entsprechende Vorrichtungen zwängen können. Für die Tests entfernt man Teile des Schädelknochens der Tiere und führt Elektroden in das freigelegte Gehirngewebe ein. Der Entzug von Flüssigkeit und wenige Tropfen Wasser oder Saft als Belohnung drängen die Affen dazu, bei den Versuchen „mitzuwirken“.  

Anschließend werden sie entweder zum Sezieren ihres Gehirns getötet oder müssen für weitere Tests herhalten. Diese Experimente sind ethisch nicht zu rechtfertigen und scheitern zudem wissenschaftlich, da die Ergebnisse oft nicht auf den menschlichen Körper übertragen werden können.

Hirnversuche an Affen sind nicht auf Menschen übertragbar

Befürworter:innen solcher grausamen Experimente behaupten, mit den Versuchen könnten neue Behandlungsmethoden gegen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer entwickelt werden. Allerdings sind die Ergebnisse oft nicht übertragbar. Die Gehirne von Primaten unterscheiden sich nicht nur in der Gesamtgröße, sondern auch in strukturellen Details.

Heute ist man sich einig, dass die Gehirne verschiedener Primaten keineswegs einfach nur vergrößerte oder verkleinerte Versionen voneinander sind. Über diese allgemeine Beobachtung hinaus werden allmählich detaillierte Erkenntnisse über wichtige genetische, strukturelle und funktionelle Unterschiede gewonnen. [5] Beispielsweise empfahl ein interdisziplinäres Gremium nach einer Bewertung der Alzheimer-Forschung, die Finanzierung von Tierversuchen auf vielversprechendere Techniken zu verlagern, wie z. B. Modelle aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) von menschlichen Patienten, Computersimulationen, Neuroimaging oder epidemiologische Studien. [6]

Gif Wissenschaft statt Tierversuche

Tierversuche beenden: Helfen Sie den Affen!

Affen und andere Tiere haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in Frieden. Sie sind nicht dazu da, in grausamen und sinnlosen Experimenten gequält und getötet zu werden. Helfen Sie den Tieren, indem Sie den Ausstieg aus Tierversuchen fordern!

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