brennendes Gebäude
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Über ein Jahr ist es her, dass bei einem Brand im Krefelder Zoo mehr als 50 Tiere ums Leben kamen. Der Aufschrei nach dieser Tragödie war groß, zurecht wurde weltweit über den mangelnden Brandschutz in Zoos diskutiert. Doch während der Brand im Affenhaus für großes Entsetzen sorgte, interessiert sich die Öffentlichkeit wenig für Brände in industriellen Tierhaltungsbetrieben. Und das, obwohl in Deutschland jeden Tag im Schnitt 14 Ställe brennen und dabei Hunderte, manchmal auch Tausende Tiere qualvoll ums Leben kommen.

Brandursachen und Gefahrenquellen

Die Gründe für Stallbrände sind vielfältig und in der Regel vermeidbar: Oft sind es technische Defekte, Kurzschlüsse oder heißgelaufene Lüftungsanlagen, die eine Entzündung verursachen. Auch Blitzeinschläge oder sommerliche Hitze führen regelmäßig zu Bränden. Das Institut für Schadensverhütung und Schadensforschung der öffentlichen Versicherer identifizierte in einer statistischen Erhebung zudem Brandstiftung als häufige Ursache. Letztendlich könnten viele Brände verhindert werden, z. B. durch die regelmäßige Wartung von Anlagen oder die sichere Lagerung entzündbarer Güter.

Die Tierschutz-Nutztierverordnung gibt vor, dass »eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen [werden muss], wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist«. Dennoch sind ausgerechnet Konstruktion und Technik der Stallanlagen in einem Brandfall ein großes Risiko für die Tiere. Moderne Stalldächer werden vorwiegend von Nagelplattenbindern zusammengehalten, deren Statik bei einem Brand schnell versagt. Bereits 15 bis 20 Minuten nach einem Feuerausbruch stürzen diese Dächer oft ein und begraben die Tiere unter sich. Zudem sind in den Anlagen viele Kunststoffe und brennbare Materialien verbaut – giftiger Brandrauch und eine schnelle Ausbreitung des Feuers sind die Folgen.

Tiere sitzen in der Falle

Laut den Brandschutzbestimmungen in den Bauordnungen der Bundesländer muss »bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich« sein. Wie das zu bewerkstelligen sei, steht dort jedoch nicht. Selbst wenn die Feuerwehr bei einem Brand schnell vor Ort ist, kann sie die Tiere nicht alle in Sicherheit bringen – allein schon deshalb, weil es so viele sind. In Hühner- und Putenställen z. B. oft Tausende.

Auch die Unterbringung der Tiere ist ein Problem: Bei Kühen verhindert die Anbindehaltung oft, dass sie dem Feuer entkommen können. Schweine werden durch Buchten und Kastenstände an der Flucht gehindert. Und selbst wenn sie könnten, in Gefahrensituationen fliehen Schweine meist nicht ins Freie – schlicht, weil sie die Welt außerhalb des Stalls nicht kennen. Bei einem Brand geraten sie daher manchmal so sehr in Stress, dass sie daran sterben. In Panik drängen sie sich außerdem zusammen, schreien aus Leibeskräften und wehren sich gegen ihre Rettung. Feuerwehrleute müssten zukünftig also auch zu ihrem eigenen Schutz für die Rettung unterschiedlicher Tiere ausgebildet werden.

Der körperliche Zustand der Tiere erschwert ihre Rettung weiter: Besonders Tiere, die zur Mast gezüchtet wurden, können durch ihre Körpermasse kaum nennenswerte Strecken zurücklegen. Die große Brust der Puten führt z. B. dazu, dass die Tiere vorne überkippen. Auch »Mastschweine« oder »Zuchtsauen« kommen meist nur schwer voran. Dabei sind die Wege in großen Betrieben weit. Genereller Bewegungsmangel, von Spaltenböden entzündete Gliedmaßen und andere Verletzungen sind weitere Faktoren. Das Risiko für die Tiere bleibt also auch bei effektiveren Brandschutzvorrichtungen hoch. Und selbst wenn sie gerettet werden können, müssen viele aufgrund schlimmer Verbrennungen und Rauchgasvergiftungen euthanasiert werden.

Politik bleibt tatenlos

Um in einem Brandfall Schlimmeres zu verhindern, müsste man beim Stallbau auf eine sichere Dachkonstruktion achten und nicht brennbare Materialien sowie Sprinkleranlagen oder Sprühwasserlöschanlagen einsetzen. Da diese Anlagen sowohl in der Anschaffung als auch in der Wartung teuer sind, kommt der Einbau für viele Tierhalter:innen jedoch nicht in Frage. Auch Flucht- und Rettungstüren, Brandschutzwände, eine ausreichende Löschwasserversorgung und an den landwirtschaftlichen Betrieb angepasste Brandmelder sind unumgänglich, um die Tiere realistisch zu schützen. Das macht die Tierhaltung aus Sicht vieler Landwirt:innen jedoch unrentabel. Dass sie deshalb gesetzliche Vorgaben ignorieren, interessiert Behörden und Politik zu wenig.

Obwohl Stallbrände ein offensichtliches Problem sind, werden sie nicht einmal von den Behörden erfasst. So können die häufigsten Brandursachen weder erkannt noch beseitigt werden. Da eine offizielle Registrierung der Brandereignisse fehlt, stellen engagierte Tierschützer:innen wie Stefan Stein eigene Statistiken auf. Steins Berechnungen zufolge starben allein 2019 115.000 Tiere bei Stallbränden.

Trotz dieser immensen Zahl bleibt die Politik weiterhin tatenlos. Länder und Bund liefern sich ein Ping-Pong-Spiel, bei dem sie die Verantwortung jeweils dem anderen zuspielen. Bisher will nur Nordrhein-Westfalen den Brandschutz in den Ställen verbessern und die Vorkehrungen strenger kontrollieren. Da in Schweinehaltungsanlagen das Risiko besonders hoch ist, zielt der Verordnungsentwurf jedoch nur auf diese Anlagen ab.

Gefährliche Massentierhaltung

Letztendlich ist Massentierhaltung mit einem effektiven Brandschutz unvereinbar. Um die Überlebenschancen der Tiere im Brandfall zu erhöhen, müssten bewegungsarme Haltungssysteme wie etwa Kastenstände abgeschafft werden. Die Tiere müssten nicht nur an ihren Stall, sondern auch an die Stallumgebung gewöhnt sein. Hätten sie etwa einen ständig zugänglichen Auslauf zur Verfügung, könnten sie sich selbst in Sicherheit bringen. In kleinen Tierhaltungsanlagen mit kurzen Laufwegen und wenigen Tieren in kleinen Gruppen sind die Überlebenschancen der Tiere besser. Ebenso, wenn sie fit und gesund sind.

Ein Ende der Massentierhaltung ist zwar noch nicht in Sicht. Das gesellschaftliche Entsetzen darüber, dass Tiere in der Lebensmittelindustrie nur als Kosten- und Nutzenfaktoren gelten, die man im Zweifelsfall verbrennen lässt, wächst jedoch. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik sich ihrer Verantwortung bewusst wird und erst einmal dafür sorgt, dass bestehende Vorschriften umgesetzt und kontrolliert werden. Noch besser wäre, der Brandschutz in der Tierhaltung wird reformiert.

(lp)

Der Artikel Brandgefährliche Massentierhaltung wurde von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt veröffentlicht.

http://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell