Berlin: Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, hat 25 Jahre nach dem Mauerfall die Bedeutung der Öffnung der innerdeutschen Grenze für den Umwelt- und Naturschutz gewürdigt. Nicht nur, dass in allen 16 Bundesländern seitdem die gleichen Standards beim Schutz von Luft, Wasser und Boden gelten würden. Auf dem Gebiet der früheren DDR sei es auch gelungen, größere Umweltsünden wie vergiftete Flüsse, unsanierte Mülldeponien, Grundwasser- und Bodenbelastungen sowie Altlasten der Atom- und Chemieindustrie zu bereinigen oder zumindest einzuhegen.
„Trotz der Erfolge im gesamtdeutschen Natur- und Umweltschutz stehen wir im vereinten Deutschland, in Europa und in einer globalisierten Welt vor enormen Herausforderungen. Die wachsenden Rohstoff-, Waren- und Transportströme haben viele Schattenseiten. Die Verantwortlichen für die fortschreitende Naturzerstörung müssen immer wieder beim Namen genannt und an ihrem Tun gehindert werden“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Die Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ zwischen Ost und West vor 25 Jahren habe vor allem bei der Ausweisung von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten enorme Fortschritte ermöglicht. Naturschutz- und Bürgerinitiativen in der DDR sei es damals gelungen, dass fünf Nationalparks, sechs Biosphärenreservate und drei Naturparks als „Tafelsilber der deutschen Einheit“ ausgewiesen wurden. Zu den Erfolgen gehöre auch der Biotopverbund entlang der früheren innerdeutschen Grenze, dessen Schutz als „Grünes Band“ der BUND unmittelbar nach dem Mauerfall gefordert hatte.
„Seit 1989 arbeiten Naturschützer aus Ost und West daran, den früheren Grenzstreifen zwischen der Bundesrepublik und der DDR als Grünes Band und als ökologisches Rückgrat Mitteleuropas zu sichern“, sagte der BUND-Vorsitzende. „Fast unbemerkt hatten sich über 1.200 gefährdete Pflanzen- und Tierarten in die Nischen des Eisernen Vorhangs zurückgezogen. Der ehemalige innerdeutsche Grenzstreifen ist heute ein Grünes Lebensband selten gewordener natürlicher Refugien und mit knapp 1.400 Kilometern der längste zusammenhängende Biotopverbund in Deutschland. Allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern an diesem herausragenden Projekt gilt dafür großer Dank“, so Weiger.
In den zurückliegenden 25 Jahren sei es vor allem darum gegangen, das „Grüne Band“ vor der Zerschneidung durch Verkehrswege und vor der Zerstörung durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und Bebauung zu bewahren und es auf kompletter Länge unter Naturschutz zu stellen.
„Auch heute steht erst ein Drittel des Grünen Bandes unter ausreichendem Schutz, auf zwei Dritteln kann es noch immer zu Verschlechterungen kommen“, warnte der BUND-Vorsitzende. „Landwirtschaftliche Nutzungsinteressen und neue Straßenplanungen bedrohen den Rückzugsraum zahlreicher Pflanzenarten und die Wanderwege vieler Tierarten. Auf fast 200 Kilometern Länge ist das Grüne Band weiterhin unterbrochen. Für den Lückenschluss am Grünen Band muss die Bundesregierung ein Flächenkauf-Programm in Höhe von 20 Millionen Euro auflegen“, forderte Weiger.
Der BUND werde auch künftig die Ausweisung neuer Schutzgebiete an der früheren innerdeutschen Grenze fordern und versuchen, das Grüne Band als „Nationales Naturmonument“ zu sichern. Diese Schutzkategorie gebe es seit 2009, sie sei jedoch seitdem noch kein einziges Mal angewandt worden. „Das Grüne Band ist heute ein Nationales Naturmonument. Der Todesstreifen wurde zur Lebenslinie, kommende Generationen werden uns dafür danken“, sagte Weiger.
Der BUND-Vorsitzende wies weiter darauf hin, dass es Initiativen zum Naturschutz entlang des früheren „Eisernen Vorhangs“ inzwischen in vielen EU-Staaten gebe. Von Norwegens und Finnlands Grenzen mit der früheren Sowjetunion quer durch Europa bis zur Schwarzmeerküste zwischen Bulgarien und der Türkei werde daran gearbeitet, ein „European Green Belt“, das „Grüne Band Europa“, zu schaffen. Erst im September gründete der BUND gemeinsam mit 22 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen die „European Green Belt Association e.V.“, um diesen über 12.500 Kilometer langen ökologischen Korridor zu schützen.

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